Betrieblicher Gesundheitsschutz
In einer Arbeitswelt, in der wachsender Leistungsdruck und Verdichtung den Alltag vieler bestimmen, spielt die Förderung des betrieblichen Gesundheitsschutzes eine elementare Rolle. Denn: Immer mehr Beschäftigte leiden unter physischen und psychischen Erkrankungen, die unter anderem Folgen von Stress sind.
Deutliche Spuren hinterlässt dies sowohl in einer verminderten Lebensqualität der betroffenen Arbeitnehmer*innen, als häufig auch in einer von Fehl- und Ausfallzeiten geprägten Unternehmenskultur.
Welche kritischen Belastungen und Gesundheitsrisiken gibt es am Arbeitsplatz? Warum ist betriebliches Gesundheitsmanagement so wichtig und was sind sinnvolle Präventivmaßnahmen, mit denen sich Gesundheitsgefahren und Arbeitsunfälle reduzieren lassen? Mehr hierzu erfahren Sie in diesem Beitrag.
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
Belastungen erkennen
Häufige Berufskrankheiten
Betriebliches Gesundheitsmanagement
Maßnahmen zur Gesundheitsförderung
Fazit
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
Arbeitgeber*innen unterliegen im Arbeitsalltag den sogenannten Fürsorgepflichten: Sie müssen gewährleisten, dass Beschäftigte ihrer Tätigkeit nachgehen können, ohne dass sie dem Risiko einer gesundheitlichen Gefährdung ausgesetzt sind und Arbeitsunfälle möglichst verhütet werden. Im Fokus des betrieblichen Gesundheitsschutzes stehen dabei besonders präventive Maßnahmen, die gesundheitsgefährdende Auswirkungen von Arbeit – physische und psychische – auf den Menschen verhindern sollen.
Die wichtigste gesetzliche Grundlage für eine Sicherstellung von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz bildet in Deutschland das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Es wird durch eine Reihe an Verordnungen ergänzt und konkretisiert, darunter das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG), die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) sowie die Unfallverhütungsvorschriften der DGUV.
Grundsätzlich kann im Arbeitsschutz zwischen Verhältnis- und Verhaltensprävention unterschieden werden. Dabei nimmt die Verhältnisprävention die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten (z B. die Arbeitsplatzgestaltung sowie die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel) in den Blick. Bei der Verhaltensprävention geht es darum, ein sicheres Verhalten der Einzelnen zu fördern (z. B. den Umgang mit Gefahrstoffen oder das Verhalten in Notfallsituationen).
Herzstück des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ist die Gefährdungsbeurteilung. Nach § 5 ArbSchG muss sie von dem/der Arbeitgeber*in vor Beginn der Tätigkeit durchgeführt werden. Als umfassende Beurteilung aller potenziellen Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz dient sie als Grundlage für die anschließende Entscheidung über notwendige Schutzmaßnahmen. Das gilt übrigens auch dann, wenn Mitarbeitende im Homeoffice arbeiten.
Gesundheitsschutz im Betrieb organisieren
In welchem Umfang in einem Betrieb Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes getroffen werden müssen, hängt natürlich auch immer von der spezifischen Tätigkeit ab. In einigen Berufen besteht ein besonders hohes Risiko, im Laufe der Karriere gesundheitlichen Gefährdungen ausgeliefert zu sein. Deshalb gelten beispielsweise für Pflegeberufe andere Anforderungen an den Gesundheitsschutz als für Mitarbeitende im Büro, das ist klar. Generell sind Arbeitnehmer*innen aber unter anderem zu folgenden Maßnahmen verpflichtet:
- Für die Tätigkeit zur Verfügung gestellte Räume, Vorrichtungen, Maschinen und Geräte müssen sicher und ohne gesundheitliche Bedenken genutzt werden können.
- Arbeitnehmer*innen müssen vor Überanstrengung und Stress geschützt werden. Dazu gilt es insbesondere das Arbeitszeitgesetz zu beachten.
- Es müssen Maßnahmen der Ersten Hilfe und des Brandschutzes organisiert werden.
- Besteht eine erhöhte Gefahr für die Gesundheit, müssen Mitarbeitende diesbezüglich aufgeklärt werden.
Belastungen am Arbeitsplatz erkennen
Das Heben schwerer Lasten, die Nutzung ungesicherter Leitern oder das Einatmen von Feinstaub gehören zu den relativ offensichtlichen Dingen, die am Arbeitsplatz ein gesundheitliches Risikopotenzial mit sich bringen. Aber auch Faktoren wie anhaltender Lärm oder unzureichende Bewegung sind ernst zu nehmende Belastungen, die auf Dauer krank machen können.
Wichtig ist es daher, die Mitarbeitergesundheit am Arbeitsplatz zu fördern und mögliche Warnzeichen gesundheitlicher Probleme im Blick zu behalten. Eine frühzeitige Vorbeugung ist entscheidend, um arbeitsbedingte Erkrankungen zu verhindern. Nicht vergessen werden sollte dabei: Neben der körperlichen Gesundheit spielt auch die psychische Gesundheit eine enorm wichtige Rolle. Psychische Leiden wie Burn-out oder Depressionen führen im Arbeitsleben immer häufiger zu langfristigen Ausfällen.
Mögliche Gesundheitsrisiken für Körper und Psyche am Arbeitsplatz sind unter anderem:
Häufige Berufskrankheiten
Als Berufskrankheiten werden Erkrankungen bezeichnet, die in infolge der beruflichen Tätigkeit eines/einer Arbeitnehmer*in entstehen. Alle Krankheitsbilder, die in Deutschland offiziell als Berufskrankheit anerkannt sind, werden in der Berufskrankheitenverordnung (BKV) gelistet. Ob eine Erkrankung im Einzelfall als Berufskrankheit anerkannt wird, entscheiden die Berufsgenossenschaften bzw. Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. Betroffenen einer Berufskrankheit steht Anspruch auf verschiedene Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu.
Wie bereits erwähnt, können verschiedenste Belastungen Auslöser für Berufserkrankungen sein. Besonders häufig betroffen sind jedoch Arbeitnehmer*innen, die folgenden Einflüssen am Arbeitsplatz ausgesetzt sind:
- Infektionserreger und Parasiten
- Giftige Chemikalien und Stoffe
- Anhaltender Lärm oder Staubbelastung
- Heben und Tragen schwerer Lasten
- Physikalische Einwirkungen wie Druck oder Vibration
Jede Tätigkeit bringt unterschiedliche Risiken für bestimmte Berufserkrankungen mit sich. Durch die stetig zunehmende Arbeit an Schreibtischen und Bildschirmarbeitsplätzen zeichnet sich allerdings ein deutlicher Trend zu vermehrt auftretenden Haltungs- und Bewegungsschäden ab. Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates gehören zu den häufigsten Ursachen für eine Berufsunfähigkeit. Wie die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) 2020 in einer Studie erhob, klagt mittlerweile jede zweite erwerbstätige Person über Rücken- und Nackenschmerzen. Nahezu jede*r Vierte befand sich im Zeitraum eines Jahres aufgrund eines Rückenleidens in Behandlung.
In welche Kategorien fallen nun die häufigsten Berufserkrankungen? Nach einer aktuellen Statistik der DGUV sind dies die am häufigsten gemeldeten Berufskrankheiten aus dem Jahr 2020:
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)
Setzen Arbeitgeber*innen unzureichende Schutzmaßnahmen für ihre Beschäftigten um, verstoßen sie gegen das Gesetz und machen sich strafbar. Doch auch jenseits von Gesetzen und Vorschriften werden sich Unternehmer*innen zunehmend ihrer sozialen Verantwortung bewusst.
Um die gesundheitlichen Risiken am Arbeitsplatz so gering wie möglich zu halten, setzen immer mehr Unternehmen auf die Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM). Ziel des betrieblichen Gesundheitsmanagements ist es, physische und psychische Belastungen am Arbeitsplatz langfristig zu verringern. Dazu regelt und prüft es alle Prozesse, die im Unternehmen gesundheitsfördernd wirken sollen: zum Beispiel technische Arbeitsschutzmaßnahmen, die Organisation von Vorsorgeuntersuchungen oder auch Angebote zur Stressbewältigung.
Von einem guten betrieblichen Gesundheitsmanagement profitieren beide Seiten – Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen. Das sind die Vorteile:
Vorteile einer betrieblichen Gesundheitsförderung
- Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit
- Verbesserung des Betriebsklimas
- Steigerung der Arbeitsmotivation und Produktivität
- Reduktion von Fehlzeiten und damit verbundenen Kosten
- Effektivere Erreichung der Unternehmensziele
- Stärkung von Employer Branding und Mitarbeiterbindung
Maßnahmen zur Gesundheitsförderung
Was können Unternehmen nun tun, um das Arbeitsumfeld und den Arbeitsalltag der Beschäftigten gesundheitsfördernd zu gestalten? Fangen wir bei den Grundlagen an: Arbeitsplätze so ausstatten, dass sie die körperliche Gesundheit der Mitarbeitenden unterstützen. Dazu gehören im Büro beispielsweise die Einrichtung ergonomischer Bildschirmarbeitsplätze und die Möglichkeit, zwischen stehender und sitzender Arbeit zu wechseln.
Arbeitsintensive Phasen und erhöhter Zeitdruck lassen sich bei der Arbeit leider manchmal nicht vermeiden. Gerade dann sollten Führungskräfte aber verstärkt darauf achten, dass es ihrem Team gut geht. Schulungen im Arbeitsschutz und zur Mitarbeitergesundheit sensibilisieren leitende Angestellte dafür, die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden proaktiv mit den richtigen vorbeugenden Maßnahmen zu schützen und Stress bei Mitarbeitenden frühzeitig zu erkennen.
Aber ebenso für den Arbeitsalltag jenseits von besonders stressigen Phasen zählt: Eine praxisorientierte Arbeitszeitregelung, die die nötige Flexibilität für eine sinnvolle Pausengestaltung zulässt, ist absolut essenziell. Angebote, die eine ausgewogene Ernährung während der Arbeitszeit unterstützen, fördern zusätzlich die Gesundheit der Mitarbeitenden. Nicht vergessen werden sollte auch: Bewegung beugt erwiesenermaßen physischen und psychischen Erkrankungen vor. Ob Yoga-Kurse für die Mitarbeitenden, Kooperationen mit Fitnessstudios oder das Angebot von Rückenkursen – Möglichkeiten, Bewegung und Wohlbefinden der Beschäftigten zu fördern, gibt es viele.
Die Herausforderung eines guten betrieblichen Gesundheitsmanagements besteht letztendlich darin, die Bedürfnisse der Mitarbeitenden zu erkennen. Das setzt eine Sache voraus: reden, reden, reden. Sind alle Mitarbeitenden ausreichend über wichtige Themen im Arbeitsschutz aufgeklärt und unterwiesen? Wesentlich ist es, mit den Beschäftigten in regelmäßigem Austausch zu bleiben und Raum dafür zu schaffen, dass Fragen, Wünsche und Probleme offen kommuniziert werden können.
Betrieblicher Gesundheitsschutz wird staatlich gefördert: Arbeitgeber*innen können gesundheitsfördernde Leistungen von bis zu 600 Euro je Mitarbeiter*in pro Jahr steuerfrei erbringen.
Fazit: Betrieblichen Gesundheitsschutz nicht vernachlässigen
Es dürfte keine Überraschung sein: Gesunde Menschen sind glücklicher und zufriedener. Motivierte und produktive Mitarbeiter*innen wiederum sind eine essenzielle Voraussetzung dafür, dass Unternehmen funktionieren und ihre Ziele erreichen. Arbeitgeber*innen sollten daher nicht nur ihre Fürsorgepflichten kennen, sondern vorausschauend in die Gesundheit am Arbeitsplatz investieren.
Effektiver betrieblicher Gesundheitsschutz ist mehr als die Erfüllung gesetzlicher Mindestanforderungen. Durch eine gesunde Arbeitsplatzgestaltung sowie individuelle Präventionsangebote und eine offene Kommunikationskultur können körperliche und psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz verhindert werden. Betriebliches Gesundheitsmanagement zahlt sich für Unternehmer*innen nicht nur deshalb aus, weil Mitarbeitende dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit seltener krank und Fehlzeiten minimiert werden. Auch kann die Mitarbeiterbindung durch Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung gestärkt und positiver Einfluss auf die Wahrnehmung als attraktive*r Arbeitgeber*in genommen werden.
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Kira Schwitzki
Kira ist Redakteurin bei VINYA. Mit einem Background in kommunikativer Beratung und Content Development dreht sich bei ihr vieles um die Übersetzung komplexer Sachverhalte in leicht verständliche Inhalte – und gute Geschichten. Als überzeugte niemals Auslernende ist sie auf der Suche nach neuen Vermittlungsmethoden, innovativen Lernformaten und nachhaltigen Lehrkonzepten.